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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
12.07.2009 | Musicals und Shows | Magazin

Elisabeth - Legende einer Heiligen


Elisabeth von Thüringen (Sabrina Weckerlin)
Zum 800. Geburtstag von Elisabeth feierte das Musical "Elisabeth – Legende einer Heiligen" im Jahre 2007 als "Short Term"-Produktion seine Weltpremiere in Eisenach. Wer nun kurz nachrechnet und anmerken mag, daß die österreichische Kaiserin doch erst 1837 das Licht der Welt erblickte, dem sei gesagt: hierbei handelt es sich nicht um die Geschichte von "Sissi", sondern um das Leben der 1207 in Ungarn geborenen Landgräfin Elisabeth von Thüringen, die mit karikativem Handeln, welches ihrer Zeit weit voraus war, in die Geschichtsbücher einging und von der katholischen Kirche vier Jahre nach ihrem Tod heilig gesprochen wurde.

Schon als Kind wurde Elisabeth von ihrer Mutter an den Hof von Eisenach gebracht, um dort mit ihrem zugedachten Ehemann, Ludwig von Thüringen, aufzuwachsen. Hier setzt nun die Geschichte von "Elisabeth – Legende einer Heiligen" ein, doppelbödig erzählt aus zwei unterschiedlichen Perspektiven: während der bedeutendste Lyriker des Mittelalters, Walther von der Vogelweide (Jesse Garon), das Geschehen romantisch verklärt und mit Wundern ausschmückt, hält sich sein "Kontrahent" Wolfram von Eschenbach (Kristian Korsholm Vetter) an die historisch verbürgten Fakten und hält der Legendenbildung einen Spiegel vor.

Elisabeth (Sabrina Weckerlin) hilft nach ihrer Hochzeit mit Ludwig (Armin Kahl) verstärkt den Armen, indem sie Brot an die Mittellosen verteilt, was vom Adelsstand und vor allem von ihrem Schwager Heinrich (Christian Schöne) streng verurteilt wird. Da sie jedoch von ihrem Mann unterstützt wird, muß der thüringische Hof untätig mitansehen, wie die Landesmutter in Abwesenheit von Ludwig während einer Hungersnot sogar die Kornkammern der Wartburg öffnet, um die schlimmste Not des Volkes zu lindern. Ihre tief religiösen Motive werden dabei geschürt von dem Priester Konrad von Marburg (Chris Murray), der mit weltlichem Kalkül und von Fanatsimus geleitet als geistlicher Berater Elisabeths dient. Als Ludwig schließlich während eines Kreuzzugs nach Jerusalem an einer Seuche stirbt, übernimmt Heinrich die Krone und verbannt seine Schwägerin aus der Wartburg. Mit ihrem Witwengut zieht sie nach Marburg und eröffnet dort ein Siechenhaus, um weiterhin den Armen helfen zu können. Als sie schließlich erkennen muß, daß die Motivationen Konrads auf Machtgelüsten basieren und ihre finanziellen Mittel erschöpft sind, stirbt sie nach einem Zusammenbruch im Jahre 1231.



Aufbruch zum Kreuzzug
Der geschichtliche Hintergrund von Elisabeth von Thüringen bringt also alles mit, was ein historisches Musical braucht: es gibt Liebe, Intrigen, Haß und sogar eine kleine Prise Humor dank der Wortgefechte zwischen Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach. Einen wissenschaftlich korrekten Anspruch über das Geschehen auf der Wartburg zu jener Zeit stellt die Produktion gar nicht erst – wie auch, wenn es kaum verläßliche Quellen aus dieser Zeit gibt. Insbesondere die Rolle Konrad von Marburgs im Leben der thüringischen Fürstin ist bis heute nicht abschließend geklärt. Aber es bietet dem Zuschauer eine Version, die viel Raum für Interpretationen läßt und die romantische Verklärtheit auf den Prüfstein der Geschichte stellt – etwas, was das Musical durchaus mit Kunzes und Levays "Elisabeth" verbindet.

"Elisabeth – Legende einer Heiligen" ist schlicht und ergreifend ein Volltreffer! Dennis Martin und Peter Scholz haben nach ihrem Erstlingswerk "Bonifatius" ein Stück abgeliefert, das sich mit seinen intelligenten Texten und kraftvollen Kompositionen klar an die Spitze der deutschsprachigen Musicals katapultiert. Wunderschöne Balladen, unter die Haut gehende Ensemble-Nummern und originelle Stilbrüche (wie eine nur auf den ersten Blick unpassende Swing-Einlage) machen die musikalische Reise in das Mittelalter zu einem Hochgenuß. Hier "sitzt" einfach jeder Song, es gibt keine Lückenfüller und keine langweiligen Passagen. Dazu kommt, daß die Besetzung des Stücks einfach perfekt ist. Sabrina Weckerlin singt nicht einfach nur Elisabeth, sie lebt sie regelrecht auf der Bühne. Ihre glockenklare Stimme, die in allen Tonlagen auf den Punkt genau sitzt, läßt in Kombination mit ihrem ausdrucksstarken Spiel die thüringische Fürstin im Landestheater Eisenach zum Leben erwachen. Kein Wunder also, daß die gebürtige Schwalzwälderin, die zuletzt in Bremen bei "Marie Antoinette" auf der Bühne stand, mit Standing Ovations und Jubelrufen bedacht wurde. Aber auch Chris Murray ist als Konrad von Marburg ein echter Glücksgriff. Wenn aus seinen Augen der pure Wahnsinn blitzt und er mit aufpeitschender Stimme zum Heiligen Krieg aufruft, fühlt man sich sofort in die finstere Zeit der Inquisition zurückversetzt. Und wenn er gegen Ende des Stücks ein Duett mit Sabrina Weckerlin anstimmt, läuft es dem Besucher eiskalt den Rücken herunter. Die im Vergleich etwas undankbare Rolle des Ludwig wird von Armin Kahl ebenfalls mit Bravour gemeistert – sein Solo am Sterbebett Elisabeths rührt zu Tränen.

Konrad von Marburg (Chris Murray)
Das Bühnenbild ist zweckmäßig und wird von wechselnden Beleuchtungen effektvoll in Szene gesetzt, ohne die Darsteller in den Hintergrund zu drängen. Kostüme, Tanz, Choreographie – es stimmt einfach alles! Den einen oder anderen Besucher mag vielleicht stören, daß man bei "Elisabeth – Legende einer Heiligen" auf ein Live-Orchester verzichtet hat und die Musik vom Band abgespielt wird, aber dies ist keineswegs ein Nachteil. Zum einen konnte man dadurch einen niedrigen Eintrittspreis realisieren und zum anderen ist der Sound dadurch so perfekt abgemischt, daß er weitaus besser beim Publikum ankommt als bei vielen anderen Produktionen mit Orchestergraben, bei denen man die Musiker ohnehin nur in der Pause sieht, wenn man dort vorbeigeht und hinunterschaut.

Leider ist "Elisabeth – Legende einer Heiligen" nur noch bis zum 19. Juli im Landestheater Eisenach zu sehen. Vom 26. bis zum 30. Dezember gastiert die Produktion in der Stadthalle Marburg. Und hier liegt dann der einzige Kritikpunkt bei dem Musical. Natürlich ist es etwas ganz Besonderes, wenn die Aufführungen an den Originalschauplätzen stattfinden, aber es wäre trotzdem wünschenswert, daß das Stück bundesweit zu sehen wäre – soviel Qualität bekommt man nämlich an den deutschen Musicalbühnen nur selten zu sehen! Weitere Informationen zu den Preisen und Spielzeiten finden Sie unter www.spotlightmusical.de.



© parkscout/MV, Bilder: Spotlightmusical.de (Copyright: Dominik Ketz)