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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
11.11.2005 | Freizeitparks | Kolumnen

Kellner in Urlaubsstimmung


Wenn die meisten Menschen mit der ganzen Familie einen Freizeitpark besuchen, ist dies in der Regel einer der Höhepunkte des Jahres, der durchaus auch ein kleines Loch in das jährliche Haushaltsbudget schlägt. Und je teurer der kleine Kurzaurlaub vom Alltag wird, desto höher werden auch die Ansprüche an die gebotene Qualität. Umso ärgerlicher wird es dann, wenn dabei etwas so richtig schiefgeht wie bei meiner letzten Stippvisite im besucherstärksten Freizeitpark Europas.

Im Land der Mäusemacher, das sich normalerweise eher durch eine recht hohe Qualität auszeichnet, waren einige Angestellte wohl anscheinend schon geistig im wohlverdienten Wochenendurlaub – anders sind die Vorgänge in einem der teuersten Restaurants des Parks kaum zu erklären. Aber fangen wir von vorne an: Nach den immer guten Erfahrungen mit den dortigen High-End-Schlemmertempeln entschieden wir uns beim letzten Mal, nicht bei den Piraten oder bei Aschenputtel einzukehren, sondern in jenes Restaurant, das den Namen des Gründervaters der modernen Freizeitparks trägt. Gut, die Preise waren nicht gerade günstig (knapp 20 Euro für einen Hamburger), aber es würde sicherlich etwas ganz Besonderes werden – alleine der Name bürgt ja schon für hohe Qualität. Also schnell einen Rauchertisch für sechs Personen reserviert und das Abenteuer kann beginnen...

Bevor jedoch irgendetwas begann, standen wir erstmal gefühlte zehn Minuten ziemlich dumm in der Gegend herum, weil sich einfach niemand finden lassen wollte, um uns einen Tisch zuzuweisen. Nicht, daß dort nicht genug Personal vorhanden gewesen wäre – nur war dieses irgendwie mehr mit sich selbst als mit den kaum vorhandenen Gästen beschäftigt. Irgendwann war es schließlich soweit: Man hatte uns scheinbar bemerkt, nahm unseren Reservierungszettel und führte uns in einen wunderschön dekorierten Raum mit herrlichem Blick auf das bunte Treiben in der unter uns liegenden Main Street. Perfekt! Oder sagen wir besser, es wäre perfekt gewesen.

Denn als die ersten ihre Zigarettenschachteln auf den Tisch legten, kam sofort eine Kellnerin auf uns zugestürmt, die uns darauf aufmerksam machte, daß dies ein Nichtraucherbereich sei (wenn das Zuweisen des Tisches doch auch nur so schnell gegangen wäre...). Nichtraucher? Auf unserem kleinen Reservierungszettel stand aber groß und in deutlichen Lettern zu lesen, daß wir einen Rauchertisch reserviert hatten. Also packten wir unsere sieben Sachen wieder zusammen und wurden an unseren neuen Tisch geführt: Direkt neben dem Kücheneingang. Der schöne Blick auf den Park wich dem auf chaotisch umherwuselnden Kellnern – daß der ganze Rest des Restaurants so gut wie leer war, schien dabei niemanden dort zu stören. Nunja – so etwas kann ja auch mal ganz interessant sein. Also nicht aufregen, sondern sich auf den bevorstehenden Burger für 20 Euro freuen.

Plötzlich stand wie aus dem Nichts ein Kellner an unserem Tisch, murmelte ein kurzes "Bonjour", knallte uns sechs Speisekarten auf den Tisch und verschwand wieder. Gut, dies mag man vielleicht aus "Mannis Steakstübchen" so gewohnt sein – in den Tischservice-Restaurants des Parks gehört es allerdings eigentlich zum guten Ton, daß man den Gästen die Karten einzeln reicht und die Getränkebestellung aufnimmt. Langsam aber sicher wurde die Stimmung am Tisch doch etwas suboptimal. Nach weiteren unzähligen Minuten erschien der gute Mann dann wieder und nahm endlich unsere Bestellung auf.

Dabei muß den Angestellten wohl aufgefallen sein, daß einige von uns vielleicht ein paar Kilogramm zuviel auf die Waage bringen. So wurde anscheinend ganz spontan beschlossen, ein kleines Leibesübungsprogramm mit in den Besuch aufzunehmen. Zu diesem Zwecke wuselten dann plötzlich Kellner und Kellnerinnen blitzschnell durch den Raum und warfen dabei die Stühle von unserem Nachbartisch um, die dann auf dem Boden herumlagen. Und lagen. Und lagen. Und lagen. Und wenn wir sie nicht wieder aufgestellt hätten, würden sie wahrscheinlich heute noch dort liegen.

Die Bemühungen um unser Körpergewicht endeten damit aber keineswegs. Vor dem eigentlichen Essen gibt es nämlich noch den sogenannten "Brotservice", bei dem ein kleiner Korb mit Brötchen und Butter sozusagen als Appetitanreger gereicht wird. Oder besser: Gereicht werden sollte. Während nämlich ein paar andere Gäste, die ungefähr eine halbe Stunde nach uns gekommen waren, bereits herzhaft an den erwähnten Brötchen kauten, knurrte bei uns weiterhin der Magen. Den Brotservice bekamen wir erst auf deutliche Nachfrage – runde zwei Minuten, bevor unser Hauptgericht auf dem Tisch stand: Viel schlechter kann Timing eigentlich kaum noch werden.

Das Essen selbst war dann wirklich wieder qualitativ sehr hochwertig - übrigens ganz im Gegensatz zu dem Mojito, den ich einen Tag vorher für 11 Euro in der teuersten Bar des Mäusereichs bestellt hatte. Dieser hatte sein Alkoholaroma nämlich nur dadurch erhalten, daß er vielleicht mal zehn Minuten neben einer Flasche Rum gestanden hatte und beinhaltete darüber hinaus auch nicht den für einen Mojito unablässigen braunen Rohrzucker. Man könnte auch übertrieben ausgedrückt sagen: Es waren 11 Euro für ein Glas kaltes Wasser mit ein paar Limonenstückchen.

Nun weiß ich ja aus langjähriger Erfahrung, daß all das nur ein Einzelfall war – normalerweise ist die Qualität der in den dortigen Service-Restaurants gebotenen Speisen immer sehr hoch. Aber es ist nun einmal nicht jeder Gast alle zwei Monate vor Ort wie ich. Und jener Besucher, der nur einmal mit seiner ganzen Familie für einen nicht unerheblichen Betrag etwas derartiges erlebt, wird höchstwahrscheinlich nicht nur nicht wiederkommen, sondern auch für negative Mundpropaganda in seinem Bekanntenkreis sorgen.





Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.

Autoreninfo Mike Vester

Mike Vester beschäftigt sich bereits seit seiner Jugend mit dem Thema Freizeitparks / Kirmes und gehört heute zu den wichtigsten Autoren der Parkscout-Fachredaktion. Sein Hang zu Polemik und Übertreibungen ist zwar legendär, aber wer genau hinhört, merkt schnell, daß er mit seinem Motto "zeitlos, stillos, geschmacklos" zwischen den Zeilen immer genau den Punkt trifft. Der frühere Kleinkunst-Texter ist überzeugter Fan von allem, was mit dem Thema "Disney" zu tun hat und läßt dies auf seine liebenswert schrullige Art auch sicherlich öfter in seine Kolumne einfließen. In diesem Sinne also: Immer vester druff...

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