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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
01.02.2012 | Freizeitparks | Kolumnen

Träume und Schäume


Eine alte Volksweisheit lautet "Wenn etwas zu gut ist, um wahr zu sein, dann ist es auch nicht wahr". Und genau dies scheint sich im Moment wieder einmal zu bewahrheiten, wenn man sich die aktuellen Ereignisse rund um das Fort Fun Abenteuerland im Sauerland anschaut. Der noch bis vor kurzem zur französischen Grevin-Gruppe gehörende Freizeitpark wurde bereits seit geraumer Zeit zum Verkauf angeboten, bis Ende letzten Jahres endlich ein Käufer gefunden wurde. Dabei handelte es sich nicht, wie sonst üblich, um eine große Freizeitparkkette, sondern um ein Familienunternehmen, das durch den Verkauf einer Schnapsbrennerei zu Vermögen gekommen war.

Kurz vor Weihnachten wurde der Presse bekannt gegeben, dass mit sofortiger Wirkung das Fort Fun Teil der "One World Group" sei mit Christine Ziegler als Geschäftsführerin und ihrem 28jährigen Sohn Matthäus als Prokurist. Die beiden waren Branchen-Insidern durchaus bekannt – Matthäus Ziegler hatte sich bereits im Jahre 2003 für den Berliner Spreepark interessiert, und auch das Freizeit-Land Geiselwind stand im vergangenen Jahr kurz vor einem Verkaufsabschluss mit der Familie Ziegler. "Das Unternehmen ist unter anderem mit einem weltweit tätigen Hersteller und Planungsbetrieb für Attraktionen sowie einem Designstudio für Gestaltung neuer Themenwelten bereits erfolgreich im Freizeitparksektor tätig." - so der Text in der Pressemitteilung. Erste Recherchen im Internet führten allerdings ins Leere – die Homepage der "One World Group" bestand nur aus einer Startseite mit dem Vermerk "Coming Soon". Auch Informationen über Matthäus und Christine Ziegler waren im Internet kaum zu finden – frühere Einträge bei Google führten auf gelöschte Einträge. Zwar ließ sich zumindest über den Google Cache nachvollziehen, dass Matthäus Ziegler unter dem Namen "Matt" im Jahre 2004 eine Musikkarriere angestrebt hatte, aber Hinweise auf seinen beruflichen Background ließen sich nicht verifizieren. Nun wurde das Fort Fun Abenteuerland also aufgekauft von einer Firma, die im Internet de facto so gut wie nicht existent war, was man zumindest als relativ ungewöhnlich bezeichnen könnte.

In den folgenden Tagen sorgte Matthäus Ziegler allerdings schnell dafür, dass sich dieser Zustand änderte. Es gab vollmundige Versprechungen, das Fort Fun mit zweistelligen Millionenbeträgen auszubauen, um einen früheren Investitionsstau damit zu beseitigen. Die Öffnungszeiten wurden auf Ende März vorverlegt, wo im Sauerland bekanntlich mit Schnee zu rechnen ist. Im Sommer sollte der Park zwei Monate lang bis 22 Uhr geöffnet bleiben. Dieses Jahr sollten gleich zwei Neuheiten eröffnen. Den Einwohnern von Bestwig wurden kostenlose Jahreskarten versprochen. Alles schien prächtig – die Millionärsfamilie zeigte sich spendier- und risikofreudig.

Der große Katzenjammer begann letzten Freitag, als zwei Staatsanwälte samt Polizeibeamten die Büroräume im Fort Fun durchsuchten. Matthäus Ziegler wurde aufgrund eines Haftbefehls wegen des Verdachts auf schweren Betrugs verhaftet. Es hat den Anschein, als ob ein größerer Teil des Kaufbetrags über Banksicherheiten abgedeckt wurden, die nicht existent sind. Außerdem soll Ziegler nach Informationen der WAZ ein Consulting-Unternehmen damit beauftragt haben, weitere 7,5 Millionen Euro für Investitionen in den Park zu besorgen.

Die Auswirkungen der ganzen Sache sind zur Zeit noch nicht einmal ansatzweise absehbar, da die Eigentumsfrage zunächst geklärt werden muss – es ist durchaus denkbar, dass das Fort Fun wieder an Grevin zurück fällt. Ob das französische Unternehmen dann den Park wieder betreibt oder einen neuen Käufer sucht, steht ebenfalls in den Sternen. Es ist nur bezeichnend, wie sich anscheinend viele Beteiligte – vom Verkäufer angefangen über die lokale Politik bis hin zu Fan-Foren – vom schönen Schein der ganzen Angelegenheit haben blenden lassen. Die Leidtragenden der großen Illusion, das Fort Fun würde sich zum drittgrößten Freizeitpark Deutschlands entwickeln, sind in diesem Fall die Mitarbeiter vor Ort, die von heute auf morgen eine Suppe auslöffeln müssen, die ihnen andere eingebrockt haben. Alleine deswegen kann man nur hoffen, dass sich der sympathische Park im Sauerland von dieser Affäre, die vermutlich Stoff für einen langen Krimi bieten würde, erholen wird.

Matthäus Ziegler

Update

In den letzten beiden Tagen haben sich die Ereignisse rund um den Verkauf des Fort Fun an Matthäus Ziegler und seine Mutter Christine regelrecht überschlagen. Inzwischen hat die WAZ-Mediengruppe berichtet, dass der Prokurist des Parks bereits im Jahre 2010 wegen Betrugs mit einem Schaden von etwa 300.000 EUR zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten rechtskräftig verurteilt wurde, die Haftstrafe jedoch aus gesundheitlichen Gründen verschoben wurde. Aufgrund der neuen Erkenntnisse hat die Compagnie des Alpes, früherer Betreiber des Fort Fun, gestern den Verkauf des Parks widerrufen – der Großteil des Verkaufspreises wurde noch nicht gezahlt. Damit ist das Fort Fun nun wieder an den ehemaligen Besitzer zurückgegangen, der den Betrieb anscheinend in gewohnter Form weiter führen wird.

Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.

Autoreninfo Mike Vester

Mike Vester beschäftigt sich bereits seit seiner Jugend mit dem Thema Freizeitparks / Kirmes und gehört heute zu den wichtigsten Autoren der Parkscout-Fachredaktion. Sein Hang zu Polemik und Übertreibungen ist zwar legendär, aber wer genau hinhört, merkt schnell, daß er mit seinem Motto "zeitlos, stillos, geschmacklos" zwischen den Zeilen immer genau den Punkt trifft. Der frühere Kleinkunst-Texter ist überzeugter Fan von allem, was mit dem Thema "Disney" zu tun hat und läßt dies auf seine liebenswert schrullige Art auch sicherlich öfter in seine Kolumne einfließen. In diesem Sinne also: Immer vester druff...

© parkscout/MV

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