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26.02.2023 | Magazin | Zoos und Tierparks

Erlebnisarchitektur in Zoos


Das "Animal Kingdom" der amerikanischen Walt Disney World in Florida gilt vielen als perfekte Symbiose von moderner Tierhaltung, Erlebnischarakter und Freizeitpark-Attraktionen. Und tatsächlich bietet der rund zwei Quadratkilometer große Park detaillierte Thematisierungselemente in den Zoo-Bereichen, die zweifellos Maßstäbe setzen. Aber waren die Imagineers von Disney wirklich die ersten, die Erlebnisarchitektur und Gehegegestaltung in dem 1998 geöffneten "Reich der Tiere" verknüpft haben?

Tempelruine in Hannover © Erlebnis-Zoo Hannover

Als Pionier der Thematisierung in deutschen Tierparks zumindest muss zweifellos Klaus-Michael Machens gesehen werden, der von 1994 bis 2011 als Direktor den Zoo in Hannover leitete. Nach der Design-Thinking-Methode, deren Prinzip auch Disney Imagineering zu Grunde liegt, wurde unter seiner Leitung 1995 ein interdisziplinäres Kompetenzteam gegründet, das zu dem Schluss kam, der in der Vergangenheit stark defizitäre Zoo müsse sich mit einem völlig neuen Konzept präsentieren, das unter anderem auch die möglichst naturgetreue Nachbildung der Lebensräume von Tieren beinhaltete. Eine Kombination aus Erlebnisarchitektur und den von Carl Hagenbeck Anfang des letzten Jahrhunderts eingeführten naturalistischen Freigehegen sollte den erhofften Erfolg bringen. 1996 wurde mit dem "Gorillaberg" die erste Themenwelt im Zoo Hannover mit künstlichen Felsen, die fachmännisch mit einer speziellen Spritzbetontechnik angefertigt und natürlichen Steinformationen nachempfunden wurden, eröffnet. Für zahlreiche der Thematisierungsarbeiten wurde das renommierte französische Atelier Artistique du Beton beauftragt, das auch in Disneyland Paris oder im Europa-Park für verschiedene Projekte verantwortlich war. Auch der 1997 eröffnete "Dschungelpalast", eine indische Tempelruine als Erlebnisarchitektur für Elefanten oder Tiger, wurde von den Franzosen entsprechend gestaltet und mit Statuen, Säulen und Ornamenten versehen.

Disneyfizierung der Zoos

Schon ein Jahr später wurde der Erfolg des von Machens initiierten neuen Konzepts deutlich sichtbar. Nach dem Bau des afrikanischen Themenbereichs "Sambesi" mit seinen Wasserfällen, Hängebrücken und einer Bootsfahrt auf einem künstlichen Fluss, sowie der Errichtung von "Meyers Hof" im Jahre 1998 waren die Besucherzahlen innerhalb von nur drei Jahren um stattliche 45 Prozent auf 922.000 gestiegen. Doch die Entwicklung von einem traditionellen Zoo hin zu einer ganzheitlichen Erlebniswelt fand in Deutschland nicht nur Freunde: Zum einen wetterte ein Teil der Presse über die beginnende "Disneyfizierung" der deutschen Tierparks, und zum anderen wurde das Vorgehen in Hannover von anderen Zoos durchaus kritisch beäugt.

Afrika in Gelsenkirchen © ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen

Stein des Anstoßes war hier sicherlich auch die Zusammenarbeit von Klaus-Michael Machens mit dem Freizeitforscher Prof. Heinz Rico Scherrieb, der als Berater für deutsche Freizeitparks tätig war, welche in direkter Konkurrenz zu den Zoos stehen und für den steigenden Besucherschwund mitverantwortlich gemacht wurden. Doch der kritisierte Direktor sollte Recht behalten: Heute gehört der Zoo in Hannover zu den besucherstärksten Tierparks in Deutschland.

Da dieser Erfolg schon sehr früh erkennbar war, dauerte es natürlich nicht allzu lange, bis die erste Konkurrenz nachzog. Ende der 1990er Jahre beschloss die Stadt Gelsenkirchen den kompletten und kostspieligen Umbau des damaligen Ruhrzoo nach dem Vorbild aus Hannover. Marode und veraltete Gehege sowie eine stagnierende Besucherzahl von lediglich 250.000 Personen dürften den Ausschlag für die Modernisierung in die heutige Zoom Erlebniswelt gegeben haben. Wo früher graue Betonbauten und Gitter eher Unbehagen auslösten, herrscht dort heute in den drei Themenbereichen Alaska, Afrika und Asien eine Illusionsarchitektur mit zerklüfteten Felsen und weiten Landschaften – nur die manchmal am Horizont sichtbaren Überlandleitungen schmälern die Illusion ein wenig.

Auch hier hatte die Umgestaltung den erwünschten Effekt. Die Tierfreunde honorierten die aufwändigen Maßnahmen, so dass die Besucherzahlen ein Jahr nach der Eröffnung der ersten Erlebniswelt Alaska verdreifacht werden konnten. Nach der Fertigstellung von Asien im Jahre 2010 verzeichnete man in Gelsenkirchen im Vergleich zu 2005 sogar einen Zuwachs von mehr als 300 Prozent. Der Zoo Leipzig beschloss im Jahre 2000, die rückläufigen Besucherzahlen ebenfalls mit dem bewährten Konzept zu bekämpfen. Mit dem "Zoo der Zukunft" plante man, in den kommenden 15 Jahren eine Naturerlebniswelt zu schaffen mit insgesamt sechs Themenbereichen. Auch hier zeigt sich schon jetzt der Erfolg: Von 750.000 Besuchern im Jahre 2000 konnte man sich 2015 auf über 1,65 Millionen steigern. Auch der Zoo in Osnabrück, der sich inzwischen zur Erlebnisarchitektur bekennt, kann sich über eine Steigerung des Zulaufs freuen.

© parkscout/MV

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