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09.07.2013 | Magazin | Gärten | Freizeitparks

Das älteste Karussell der Welt, Teil 2


Eine genaue Zeitangabe liegt zwar nicht vor, allerdings geht man heute davon aus, dass das Hanauer Karussell bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in Betrieb war. Für den anschließenden Niedergang waren neben dem nagenden Zahn der Zeit nicht zuletzt auch kriegerische Auseinandersetzungen verantwortlich. 1866 wurde es während des Deutsch-Österreichischen Krieges beschädigt, 1870/71 kamen durch ein im Rahmen des deutsch-französischen Krieges in Wilhemsbad errichtetes französisches Reservelazarett weitere Zerstörungen hinzu. In den folgenden Jahren war sogar vom Komplettabriss des Karussells die Rede, ein Schicksal, das durch eine Initiative der Hanauer Bürger abgewendet werden konnte. Lediglich die Pferde und Wagen wurden abgebaut und verkauft.

Alte Schwarz-Weiß-Aufnahme des Karussells © Stefan Bahn

Doch dies war nicht das Ende: im Jahr 1896 pachtete der Hanauer Holzhändler Bernhard Scherf die Anlage und erhielt dabei die Auflage, das Karussell wieder in Betrieb zu nehmen. Nachdem nun 16 Pferde und vier Wagen ihre Plätze eingenommen hatten, war es 1898 schließlich so weit: es ging wieder rund in Wilhelmsbad! Neu waren auch der Benzinmotor, der die Gefährte antrieb, und die eisernen Rollläden, die das Karussell vor unerwünschten Zugriffen schützen sollten. Bis zum Ende der 1920er Jahre blieb das Karussell nun laut den Berichten einiger Zeitzeugen an Sonn- und Feiertagen in Betrieb, wobei teilweise wieder geschmückte Pferde für den Antrieb sorgten. Teilweise wurde dieser allerdings auch von einem modernen Elektromotor übernommen. Dann allerdings kam es zum eingangs beschriebenen Problem - der an der Deckenkonstruktion befestigte innere Boden senkte sich auf die Drehvorrichtung und blockierte sie. Trotz bereits in den 1930er Jahren vorgenommener Restaurierungsarbeiten und dem nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg erforderlich gewordenen Wiederaufbau in den 1960er und 1970er Jahren steht das Hanauer Karussell seither still.

Doch das soll sich bald ändern: Bereits 1998 gründeten Hanauer Bürger den "Förderverein für das Karussell im Staatspark Hanau Wilhelmsbad e.V." und zwei Jahre später übernahm die Verwaltung der staatlichen Schlösser und Gärten deren Zielsetzung, das Fahrgeschäft wieder betriebstauglich zu machen. In die heiße Phase traten die Sanierungsarbeiten im Jahre 2007 ein, als eine Einhausung zum Schutz der Gips-Deckenkonstruktion und des Holzwerks rund um das Karussell gebaut wurde. Im gleichen Jahr verließen auch die Pferde und Kutschen ihren Standort in Richtung Restaurationswerkstatt.

Pferde des Karussells © Stefan Bahn

Wiederöffnung für 2014 geplant

Indessen gestalten sich die am Gebäude vorzunehmenden Reparaturen als äußerst vielschichtig. Vor allem die Dachkonstruktion bedarf einer Sanierung, wobei das zerstörte äußere Gebälk und die Säulen ausgebaut und ersetzt bzw. repariert werden müssen. Um die vom Innenboden ausgehende Blockade des Drehwerks zu beheben, soll das Dach samt daran hängendem Boden vorsichtig angehoben werden. In einem weiteren Schritt wird dann die Stufe zwischen Innen- und Außenboden ausgeglichen. Aber auch das Drehwerk selbst wird einem Upgrade unterzogen: fehlende Rollenlager werden nachgegossen, Drehreif, Drehschirm und Welle repariert und die Antriebswelle wieder hergestellt.

In einem weiteren Schritt geht es schließlich an die Oberfläche und Ausstattung des Karussells: es erhält nicht nur einen neuen Anstrich insbesondere der Säulen und neuen Stuckmörtel in den Gewölben, sondern darüber hinaus werden die Dachschalung wieder hergestellt und verschiefert und die Verkleidung des Innenbodens ergänzt. Als letztes ist schließlich die Umgebung des Fahrgeschäfts an der Reihe: der kleine Hügel im Staatspark Wilhelmsbad soll so ausgebaut werden, dass er im Winter als Schlittenberg genutzt werden kann. Die Wiedereröffnung und Jungfernfahrt des runderneuerten ältesten Karussells der Welt ist schließlich für das Jahr 2014 geplant.

© parkscout/US