GOP Essen: Alive

Dem stressigen Alltag, der fordernden Arbeit und der Eintönigkeit des täglichen Hamsterrads, in dem wir uns bewegen, dadurch zu entkommen, indem wir uns an unsere Kindheit und an unser "Kind sein" erinnern, ist das Thema der neuen Showproduktion "Alive", die vergangene Woche im Essener GOP Varieté ihre Premiere feierte. Insgesamt 13 Künstler verwandeln einen Spielplatz auf der Bühne runde zwei Stunden lang in einen Ort des Staunens, des Lachens und der Phantasie.

Für den humoristischen Teil des Abends ist vor allem der Amerikaner Jeff Hess zuständig, der mit seinen Grimassen und Slapstick-Einlagen ein wenig an Dieter Hallervorden in seiner Didi-Rolle bei der TV-Sendung "Nonstop Nonsens" aus den 1970er Jahren erinnert. Da diese Art von Comedy recht laut daherkommt, hat Regisseur Robin Witt mit dem Jongleur Sebastian Berger einen wundervollen Gegenpol geschaffen, der mit viel Charme und Augenzwinkern die leiseren Töne des Humors anstimmt und dabei mit zwei Stäben und mehreren Bällen Dinge macht, die eigentlich physikalisch gar nicht möglich zu sein scheinen. Diese Mischung aus Objektmanipulation und Jonglage gehört zu den originellsten Acts, die je auf der Bühne des Theaters zu sehen waren und rechtfertigt schon alleine den Besuch von "Alive".

Impressionen von "Alive"

Doch damit nicht genug: Ein weiterer Höhepunkt ist zweifellos der Trapez-Act der Brasilianerin Mia Ferreira, die dabei nicht nur einen Kopfstand auf dem schwingenden Trapez zeigt, sondern dabei auch noch mit ihren Armen und Beinen Ringe schwingt. Ganz nebenbei kann sie übrigens auch noch mit großen Kisten jonglieren und eine Mimik präsentieren, die der von Jeff Hess in nichts nachsteht. Nicht ganz so weit nach oben geht es bei Nikolai Shelamov, der die Slackline, also ein gespanntes dünnes Gurtband, das entsprechend instabil ist, für Sprünge und Läufe nutzt, als wäre es ein festes Brett. Mindestens genauso beeindruckend ist die Rollschuhakrobatik der Skating Nistorovs, eines italienischen Trios, das der eine oder andere Gast aus dem Wintergarten-Varieté im Phantasialand kennen dürfte. Das Tempo, mit dem die Artisten sich auf ihren Skates im Kreise drehen, ist immer wieder beeindruckend – Chapeau!

Neben einer schnellen und technisch höchst anspruchsvollen Jojo-Jonglage des Japaners Shu Takada, der ganz nebenbei auch sechsmaliger Weltmeister mit seinem Sportgerät wurde, und einer rasanten Schleuderbrett-Nummer des ungarischen Duo Faludy gibt es noch einen schwungvollen Hula-Hoop-Act von Mila Roujilo, Equilibristik mit dem Österreicher Christoph Muchsel und schließlich eine sinnliche und modern interpretierte Artistik am Spinning Pole von Sarah Stachowicz.

Damit ist "Alive" insgesamt eine ungemein abwechlsungreiche Show, bei der sowohl Comedy, schnelle und gefährliche, aber eben auch poetische und außergewöhnliche Acts ihren Platz haben. Die einzelnen Nummern wurden dabei prima in Szene gesetzt, das minimalistische Bühnenbild lässt genug Raum für die eigentlichen Darbietungen. Einzig die Gruppenchoreographien waren etwas zu sehr in die Länge gezogen und wirkten dadurch ein wenig wie Lückenfüller, was dem rundum gelungenen Gesamtbild aber keinen Abbruch tut: "Alive" macht Spaß und ist auf jeden Fall eine klare Empfehlung wert! Zu sehen ist die neue Show noch bis zum 31. August 2025. Weitere Informationen bekommt Ihr unter www.variete.de