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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
21.01.2008 | Freizeitparks | Kolumnen

Herre sagt an: Kinder raus aus der Maus!


Selbst Spiegel Online war es eine Meldung wert: "Disney-Restaurant verhängt Kinder-Verbot." Zwei zusammengesetzte Begriffe, die einfach nicht zusammen passen wollen, möchte man meinen. Doch ist das wirklich so? Eine Kolumne über eine Meldung, die keine ist.

Denn schließlich handelt es sich bei dem betreffenden Restaurant - übrigens das erste im gesamten Disney-World-Komplex, welches eine Altersrestriktion einführt - nicht um eine Pizza- und Burger-Bude, sondern um das piekfeine "Victoria and Albert's" in Disneys Grand Floridian Resort, dem ersten Haus am Platze. Und genau so ist dann auch das Restaurant: Dresscode ist schicke Abendgarderobe, die Preise für ein Essen erreichen schnell den dreistelligen Bereich. Nicht der perfekte Ort, um Kindern die Möglichkeiten zur Entfaltung zu geben, die sie auch beim Essen haben sollten, müsste man meinen. Und doch gingen auch hier - natürlich - wieder aufgebrachte Eltern und solche, die meinen, bei jeder noch so kleinen sich bietenden Gelegenheit eine Bresche für die ach-so-armen Kinder schlagen zu müssen, auf die Barrikaden. Vor allem weil "der Wunsch vieler Gäste zu dieser Entscheidung geführt hätte", wie Rosemary Rose, zuständige Disney-Managerin, dem Orlando Sentinel ins Mikro diktierte. Natürlich entsteht bei den Worten der Frau mit dem poetischen Namen schnell das wenig sympathische Bild des granteligen Opas im Smoking, der alles hasst, was ihm seine wohlverdiente Ruhe nicht gönnt. Ein Restaurant-Grinch! Und das auch noch mitten im Kinderparadies Disney World, also nein, das geht nun wirklich nicht. Ach ja? Warum eigentlich nicht?

Fakt ist: Disney World ist ein Familienpark. Das heißt: ein Freizeitpark, der in der Gesamtheit seines Angebotes die ganze Familie anspricht und für jeden, vom Kleinkind bis zum Greis, entsprechende Angebote bereithält. Nirgendwo ist die Rede davon, dass jede einzelne Fahrattraktion von jedem benutzt werden können muss. Doch wo es bei Fahrgeschäften einen logischen Grund für Größen- oder Altersbeschränkungen gibt - nämlich den der Sicherheit - ist dies im Bereich der Restaurants nicht so. Kein Essen in einem Nobellokal ist für einen Vierjährigen lebensgefährlich. Aber eben todlangweilig, was ja die meisten Eltern auch einsehen. Aber eben nicht alle, und im Toplokal des Tophotels wurde jetzt dementsprechend gehandelt. Dort wurde schon immer alles für eine angenehme Atmosphäre getan - vom Raumdesign über die Lichtstimmung bis zur Musikuntermalung. Wenn der Zander kommt, will man dazu eben keinen Frank Zander hören - sondern eben lieber zurückhaltende Pianomusik. Dies hielten auch alle bisher für absolut normal. So kennt man das eben. Jetzt wurden auch Geplärre, herumtollende Kleinkinder auf Bobby Cars und verschmierte Sabberlätzchen aus dem Rahmenprogramm gestrichen - die passten bisher nämlich genau so wenig zu einem gepflegten Galadiner. Nichts Besonderes - doch plötzlich führen sich viele auf, als wäre der Untergang des Abendlandes hereingebrochen und das Land der Maus eine heimtückische Organisation von frustrierten Kinderhassern.

Was soll man dazu noch sagen oder gar schreiben? Irgendwann wird vielleicht auch dem polemischsten Schreiberling auffallen, dass das Disney World Resort auch nach der Einführung der Altersrestriktionen im Victoria and Albert's immer noch über 100 weitere Möglichkeiten zur Nahrungsaufnahme bietet. Er wird möglicherweise bemerken, dass es bei Disney schon seit langer Zeit einen ganzen Abschnitt gibt, der nicht für Kinder zugelassen ist. Weil er nämlich aus einer Ansammlung wilder Nachtclubs besteht, namentlich Disney's Pleasure Island - und an solch einem Ort haben Kinder nun wirklich nichts zu suchen! Genau so wenig wie in einem Edelrestaurant mit weißen Tischdecken und livrierten Kellnern. Und schlussendlich wird auch der verbohrteste Kinder-Freiheitskämpfer einsehen, dass es dank dieses Verbotes eigentlich nur Gewinner gibt: Den grantelnden Opa, der in Ruhe speisen kann. Und das aufgeweckte Kind, das nicht zwei Stunden stillsitzen muss, nur weil bornierte Eltern der Meinung sind, ein solches Restaurant wäre kindgerecht. Sie merken: Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Im wahrsten Wortsinn. In diesem Sinne: Wir sehen uns im Park!





Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.

Autoreninfo Tim Herre

Tim Herre ist seit der Grundschulzeit absoluter Park- und Kirmesfan und in der deutschen Szene seit vielen Jahren eine feste Größe. In einschlägigen Freizeitpark-Foren ist Tim unter dem Pseudonym "The Knowledge" aktiv - und ebenso geliebt wie gehasst, geschätzt für sein Wissen und gefürchtet für seine spitze Feder. Dies wird noch zusätzlich durch die Tatsache aufgeladen, dass er nur selten gewillt scheint, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. International bekannt ist er durch seine Tätigkeit als freier Autor des Fachmagazins "Kirmes & Park Revue" und als Buchautor für die parkscout Freizeitführer "Freizeitparks in Europa". Im täglichen Leben ist der deutsche Repräsentant des "European Coaster Club" Texter und Konzepter bei einer großen Düsseldorfer Agentur.

© Parkscout / TH